Der Markt
In Italien gibt es in jeder noch so kleinen Stadt einen Wochenmarkt. Händler mit Waren aller Art haben hier einen Stand. 90% der Händler sind jedoch Bekleidungsverkäufer. Zumeist verkaufen sie Damenbekleidung. Anscheinend muss sich das Geschäft lohnen.
Das bedeutet heute frühes Aufstehen. Der Markt endet um dreizehn Uhr, die Fahrt dauert dreißig Minuten, die Damen wollen mindestens drei Stunden „shoppen“, frühstücken müssen wir auch noch, also noch eine halbe Stunde und mindestens ein halbe Stunde für unvorhersehbare Ereignisse… aufstehen um 7:45 Uhr, wenn man nicht ewig auf ein freies Bad warten will.
In der Zuversicht auf eine „Shopping-Tour“ ist an diesem Morgen sogar meine Frau rechtzeitig zum Frühstück.
Bereits am Abend zuvor hat sie für sich und die Kinder „Porridge“ angerichtet. Sie wissen schon, gesunde Ernährung…
Früher hat man das ganze noch als das bezeichnet was es ist, Haferschleim. Im Zuge der Anglizismen in der deutschen Sprache und des genderns, werden solche Begriffe nicht mehr verwendet, man könnte den Haferschleim ja beleidigen, oder Haferschleimin?
In kleinen Schüsselchen bereitet meine Frau dies bereits am Abend zuvor für die ganze Familie zu. Für die ganze Familie? Nein, ich bekomme keine dieser Stuhlproben, ich liebe meine Frau.
Nach dem Gesichtsausdruck meines Sohnes, nachdem ihm der Teller überreicht wurde, würde ich sagen, dass seine Gefühle nicht so weit gehen.
Zielstrebig greift Jonas zur Nutella und nimmt sich einen großen Löffel und verrührt ihn in seiner Stuhlprobe. Jetzt stimmt auch die Farbe.
„So“, verkündet er, „jetzt kann man es auch essen!“. Mein Sohn!
Auf der Fahrt zum Markt müssen wir eine sehr enge Landstraße entlang, die mit vielen Kurven gespickt ist. Überholen nahezu unmöglich.
Wir biegen auf die Landstraße ab und vor uns fährt ein kleinerer, älterer FIAT. Fahren ist jedoch etwas zu viel gesagt. Vielmehr schleicht er vor uns her. Hinter uns bildet sich eine immer längere Schlange. Überholen Fehlanzeige.
Nebenher läuft in unserem Autoradio TKKG.
Noch vor wenigen Jahren waren beide Kinder von der Serie begeistert, mittlerweile ist es nur noch Jonas. Keine Fahrt ohne TKKG. Merke: Bei nächster Gelegenheit wieder neue CDs kaufen, TKKG wir langweilig, wenn man schon bei der Nennung des Titels die gesamte Story kennt.
Nach ungefähr zehn Minuten fällt auch unserem Sohn der ungewöhnlich langsame Fahrstiel seines Vaters auf.
„Hoffentlich biegt die bald ab!“, ruft er.
Er sagt „DIE“. Er ist wie selbstverständlich davon ausgegangen, dass vor uns eine Frau fährt. Ich grinse, meine Frau schaut mich böse an. Auch sie hat den Vaupax unseres Sohnes bemerkt.
„Ich habe doch gar nichts gesagt!“, versuche ich aus dieser Situation rauszukommen.
„Dein Grinsen sagt genug!“
Liebe Frauen, ich möchte nochmals erwähnen, dass ich keineswegs glaube, dass ihr schlechter Autofahren könnt als Männer. Manche bestimmt sogar besser als Männer, wenn ich an unseren Nachbarn Herrn Schuster denke. Aber langsamer…
Genauer ausführen darf ich dieses Thema nicht, sagt meine Frau.
Nach weiteren zehn Minuten ergibt sich endlich die Möglichkeit den FIAT doch zu überholen. Gespannt schauen wir beim Vorbeifahren nach rechts und schauen wer fährt.
„Sag NICHTS!“ flüstert mir meine Frau zu.
Ich habe gelernt nicht zu widersprechen und unterdrücke mir ein Grinsen.
„Oh, eine Frau“, kommt es von meinem Sohn.
Weitere zehn Minuten später sind wir angekommen, haben einen Parkplatz in der Nähe des Marktes gefunden und bewegen uns zielstrebig auf diesen zu.
Wir verständigen uns darauf, dass wir den Markt in Gruppen erkunden. Zu meiner Überraschung möchte meine Tochter mit mir durch den Markt schlendern.
„Wir werden aber nicht an jedem Klamottenstand anhalten.“, sage ich.
„Geht klar.“, das war ja einfach.
Also geht es los meine Frau mit Jonas, Anna mit mir.
Zu meiner weiteren Verblüffung steckt unser Pubertier noch sein Handy in die Tasche, nimmt ihre Ohrhörer raus und versucht sich mit mir zu unterhalten. Ich bin total verblüfft!
Das muss an meinem guten Karma liegen, dass sich unsere Tochter doch noch zu einem brauchbaren Mitglied der Gesellschaft entwickelt.